Montag, 18. November 2024

William F. Temple - Das Dreieck des Schreckens (1950)

 


William F. Temple
Das Dreieck des Schreckens

Ich gebe zu – die fortlaufende Lektüre eines durchgeknallten Magazins wie „Fantastic Adventures“ ist unterm Strich amüsanter als die der legendären Zeitschrift „Weird Tales“. Zwar mag das Niveau dort insgesamt höher sein, doch die schiere Abwechslung an Schrecken und Bedrohungen lässt in Weird Tales doch manchmal etwas zu wünschen übrig. Während man in „Fantastic Adventures“ wirklich nicht weiß, was als nächstes um die Ecke biegt, intelligente Termiten, neurotische Aliens oder eine fiese lebende Wandfarbe, ist das Arsenal des Schreckens in Weird Tales doch... na sagen wir mal: gediegen, aber überschaubar, vor allem in den späteren Jahrgängen. Doch es gibt bemerkenswerte Ausnahmen. Die folgende Geschichte beginnt, obwohl atmosphärisch dicht, recht konventionell, biegt dann aber in eine völlig unerwartete Richtung ab und präsentiert nicht nur eine gute Pointe, sondern gleich noch eine originelle Lösung für sämtliche paranormalen Vorgänge überhaupt …

Der Autor war Brite und betätigte sich gern auch auf dem amerikanischen Markt. Diese rare Erzählung ist nicht zu verwechseln mit seiner berühmtesten Novelle „Das vierseitige Dreieck“, die 1953 auch verfilmt wurde. Da geht es allerdings eher um moralische als um geometrische Probleme...

1.


Ich hatte an diesem Tag fast dreitausend Wörter geschrieben und im Rausch meiner Selbstzufriedenheit gestand ich mir ein, dass das Leben in ländlicher Abgeschiedenheit doch etwas für sich hatte.
In Bloomsbury kannten mich und meine Adresse viel zu viele Leute. Sie „schauten einfach so vorbei“, zu jeder Tages- und Nachtzeit, und nahmen keinerlei Rücksicht auf meine Arbeit. Sie gingen davon aus, dass ein Schriftsteller ohnehin nie arbeitete; seine Geschichten waren Dinge, die er einfach so in den seltsamsten Augenblicken hin und wieder mal aufs Papier brachte, ohne groß darüber nachzudenken. Etwa so, wie man Briefe schreibt.
Nach einer Reihe von Nächten mit wenig Schlaf, in denen ich versuchte, etwas von der Zeit zurückzugewinnen, die mir tagsüber gestohlen wurde, machte ich mich auf den Weg, weg von London und diesen Aufmerksamkeits-Vampiren, die sich meine Freunde nannten. Ich sorgte dafür, dass keiner von ihnen – außer Spencer – meine Adresse erfuhr, bis ich wieder bereit für sie war. Mit andern Worten: Wenn ich meinen Roman beendet hatte.
Spencer war kein Problem und hielt dicht. Denn er hatte keinen meiner anderen Freunde je zu Gesicht bekommen. Sie mieden ihn, weil er ...tja, seltsam war. Exzentrisch. In seinem muffigen Wohn- und Schlafzimmer am Mecklenburgh Square lebte er in seiner eigenen Welt. Diese Seltsamkeit lag sofort spürbar in der Luft, sobald man sein Zimmer betrat, und sie wurde durch seine Anwesenheit noch verstärkt.
Er war ziemlich rundlich – warum, weiß ich nicht, denn ich habe ihn nie etwas essen sehen – und ich glaube, auch älter, als er aussah. Er sah aus wie Anfang sechzig. Es war recht schwierig, ein Gespräch mit ihm zu führen. Man hatte das Gefühl, dass er die ganze Zeit mit seinen Gedanken ganz woanders war und sich nur zeitweise daran erinnerte, dass man existierte.
Und das meiste, was er sagte, war kryptisch. Absichtlich kryptisch. Er hatte einen verschlagenen Verstand, der es liebte, Rätsel aufzugeben und einen zu verwirren. Oft habe ich ihn ermahnt: „Um Himmels willen, Spencer, red doch klar und vernünftig! Selbst mein Einkommensteuerbescheid ist besser zu verstehen als du.“
Aber wenn man ihn dann verstanden hatte, war es die Mühe immer wert. Er barg mehr seltsames Wissen in seinem Kopf, als Ripley sich erträumt hatte, als er damit begann, Enzyklopädien herauszugeben. Und er war voller überraschender kleiner Details, die mich oft ausrufen ließen: „Was für eine Story-Idee! . . .“
Auf diese Weise habe ich mit Spencer eine Menge Geld verdient. Vielleicht lag es daran, dass ich ihn als meinen besten Freund betrachtete.
Das eigentliche Grund, warum ich beschloss, auch in meinem einsamen Häuschen zwischen Stechginster und Kiefern in Surrey mit ihm in Kontakt zu bleiben, war die Tatsache, dass sich mein Roman mit mittelalterlicher Hexerei befasste und ich Schwierigkeiten bei ein oder zwei Kapiteln erwartete. Möglicherweise würde ich Spencers Wissensschatz über solche Dinge brauchen. Außerdem hatte er die beste Bibliothek mit Büchern über Okkultismus, die mir je untergekommen war. Ich war ihm erstmals bei einer früheren Suche nach Informationen über abgelegene Orte begegnet.
Aber ich wollte von dem Abend erzählen, als ich allein über die Heide von Surrey wanderte und mit der Arbeit des Tages sehr zufrieden war.
Es war ein Abend im Hochsommer, als die Atmosphäre schwül und still war und der Sonnenuntergang sie wärmer und drückender erscheinen ließ als in der Mittagshitze.
Die Luft war eine dicke, fast flüssige Substanz, aus der die Lungen nur schwer Sauerstoff ziehen konnten; fast so dick wie das Blut, das in den Schläfen pumpte und den Kopf heftig pochen ließ. Kopfschmerz-Wetter! Man sehnte sich nach einem Sturm, der die Spannung auflösen würde.
Irgendwann in dieser Nacht würde es Gewitter geben, denn am Horizont flackerten und wetterleuchtete es, und die Blitze und gaben lautlos seltsame Einblicke in ein unerwartetes Wolkenland, das dort draußen in der Dunkelheit lag.
Ich weiß nicht, ob es nur mir so geht, aber diese seltsamen, angespannten Sommerabende regen meine Fantasie mehr an als die kühlen Herbst- und Winternächte, die die romantischen Gothic-Autoren so lieben.
Keats beginnt ein Poem mit den Worten „In einer trostlosen Dezembernacht ...“. Und Poes Ulalume wird in einer „Nacht im einsamen Oktober“ zu ihrem Grab im „ von Ghulen heimgesuchten Wald von Weir“ getragen. und was den „Raben“ desselben Dichters betrifft, der „Nimmermehr!“ rief, dort heißt es - „Ah, ich erinnere mich genau, / an jenen trostlosen Dezember ...“

Nein, der Winter war lediglich physisch unangenehm. Eine heiße Gewitternacht wie diese schürte meine geistige Ruhelosigkeit. Unbehaglich spürte ich die unmittelbare Nähe von – irgendetwas. Ich spürte, wie sich die elektrische Ladung langsam, aber unerbittlich in der Luft um mich herum aufbaute und etwas Unbekanntes, etwas Dunkles und Feindseliges formte, das sowohl an Kraft zunahm als auch an Bewusstsein, dass es diese Kraft besaß, und mit dämonischer Anspannung auf die Stunde seiner Entfesselung wartete.
Verdammt, dachte ich, ich habe zu viel über diese Dinge nachgedacht. Das war wirklich der letzte Roman, den ich über das Okkulte schreiben würde. Das Problem bei einer solchen Beschäftigung ist, dass die Geschichte für einen selbst real wird, während man sie schreibt, und man dazu neigt, sich Hexenmeister und Werwölfe als Dinge vorzustellen, die man in einem unglücklichen Moment in einer dunklen Ecke des Kohlenkellers finden könnte. Vor allem, wenn man absichtlich in die Einsamkeit geflüchtet ist, um sich in sein Buch zu vertiefen.
Der Feuer meines Selbstbewusstseins war nun irgendwo zwischen diesen ungesunden Gedanken erstickt worden. Und ich war zu weit hinausspaziert und übermüdet. Der Zufluchtsort meiner Hütte schien mir plötzlich sehr begehrenswert, und ich zwang meine schweren Füße, ihr schleppendes Tempo zu beschleunigen.
Da war wieder der Kiefernwald, der sich wie ein Fleck Tusche vor der geringeren Dunkelheit der Nacht abhob. Hundert Meter weiter lag die Hütte, aber trotz meiner Ungeduld waren es die langsamsten hundert Meter, die ich in dieser einbrechenden Nacht zurücklegte. Selbst Charon, der Führer der Toten in der Unterwelt, wäre in dieser Finsternis über irgendetwas im Wald gestolpert. Das ferne Flackern der Blitze drang hier nicht durch.
Ich musste mich buchstäblich den Weg entlangtasten.
Dann hielt ich plötzlich überrascht inne, meine Hand auf dem Stamm einer Kiefer. Irgendwo vor mir schimmerte ein schwacher Lichtfleck – grünes Licht!
Während ich es beobachtete, bewegte es sich mit einer Art schrecklicher, bedächtiger Langsamkeit hin und her. Dann stand es still, und als ich es genauer betrachtete, entdeckte ich ein schwarzes Kreuz, das es sozusagen durchzog. Plötzlich verschwand das Licht und hinterließ bei mir die Erkenntnis, dass das schwarze Kreuz die Silhouette des Fensterkreuzes meines Häuschens gewesen war.
Jemand – oder etwas – befand sich in der Hütte. Mein Herz begann wie ein Zweitaktmotor zu rattern.
Dann kam bei mir die menschliche Angewohnheit, unerklärliche Dinge zu rationalisieren, zum Vorschein. Es war ein Glühwürmchen oder ein Irrlicht aus Sumpfgas aus dem Teich unweit der Hütte gewesen. Oder – bei diesem Wetter entstanden doch diese Lichtbälle aus Kugelblitzen, die manchmal aus Kaminen herabfallen und in Räumen herumschweben. Oder vielleicht war dort ein Landstreicher auf der Suche nach einem Bett oder nach Geld für ein Bett. Aber – mit grünem Licht?
Ich wartete eine Weile, aber das Phänomen kehrte nicht zurück. Ich hoffte, dass es, was auch immer es war, verschwunden war. Dann tastete ich mich die letzten Meter bis zur Tür vor und ging hinein.
In der Dunkelheit zündete ich ein Streichholz an und überblickte den Raum bei schwachem Licht. Die Worte „Ist jemand da?“ blieben mir in der Kehle stecken, denn es war offensichtlich, dass niemand da war.
Ich hielt die Flamme an die Öllampe, und der Raum wurde hell und freundlich; die Bücherregale, die noch in ihren originalen farbigen Schutzumschlägen waren, erfreuten mein Auge, wie es der Anblick von Büchern immer tat, und das Modell-Segelschiff, die Vase mit den Ringelblumen und die glänzenden Zinnkrüge waren sämtlich vertraute und beruhigende Dinge.
Dennoch schenkte ich mir einen Scotch mit Soda ein, bevor ich mich in den Sessel am Kamin setzte, um die tausenden Wörter, die ich an diesem Tag gekritzelt hatte, noch einmal durchzusehen und zu verbessern.
Mitten in meiner eigenen Geschichte über die Verbrennung einer besonders bösartigen Hexe bemerkte ich plötzlich, dass die Kopfhautmuskeln an meinem Hinterkopf angespannt und zusammengezogen waren und dass meine Haare zu Berge stehen mussten. Und ich spürte in meinem Geist, was mein Körper schon seit einiger Zeit bemerkt haben musste – dass sich hinter mir irgendein Wesen befand, das mich in unfriedlicher Absicht beobachtete.
Ohne meine Aufmerksamkeit von meinem Manuskript abzuwenden, blickte ich aus meinen Augenwinkeln auf den Spiegel, der über dem Kamin hing. Er zeigte die Wand hinter mir leer, bis auf ein gerahmtes Aquarell der Devils-Punch-Bowle-Schlucht bei Hindhead, das genau so war, wie es sein sollte.
Mit nachlassender Anspannung kehrte ich zu meiner Arbeit zurück. Aber nur für ein paar Augenblicke.
Einige Worte, die ich zuvor in der Geschichte geschrieben hatte, kamen mir wieder in den Sinn: „Vampire werfen kein Spiegelbild.“
Ein leichtes Frösteln überkam mich. Dann ein Anflug von Wut auf meine kindische Ängstlichkeit. Gütiger Gott, diesem Dracula-Geschwätz auch nur einen Moment Glauben zu schenken! Ich drehte mich um und starrte direkt hinter mich.
Es waren keine furchterregenden Ungeheuer dicht hinter mir. Es war nichts da, was nicht schon vorher da gewesen war.
„Idiot!“, beschimpfte ich mich selbst heftig und begann, mich langsam zurückzudrehen. Dabei huschte mein Blick an einer Messing-Pfanne vorbei, die an der Wand hing, und kehrte dann abrupt zu ihr zurück. Denn ich hatte den Eindruck, dass ein verschwommenes und formloses Gesicht aus ihrer hellen runden Oberfläche mich anstarrte. Ich setzte mich hin und betrachtete es.
Ja, es hatte definitiv die Wirkung eines Gesichts. Ein unbewegliches, lebloses Gesicht wie das des Mannes im Mond und kaum besser definiert.
Ich stand auf, um es zu untersuchen, und es verblasste, als ich mich ihm näherte; es verschwand ganz, als ich mit meiner Nase nur noch einen Meter davon entfernt war, sodass nur noch die leere Oberfläche der Pfanne übrig blieb. Doch als ich mich wieder in meinen Sessel zurücklehnte, war es wieder da: zwei runde schwarze Löcher, die Augen darstellten, eine schnabelförmige Nase, ein verzerrter Mund.
Im oberen Küchenregal auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes befand sich eine Sammlung von Zier- und Gebrauchsgegenständen. Unter ihnen auch zwei Kerzenleuchter aus Ebenholz, kugelige Dinger mit runden, bauchigen Fassungen für die Kerzen. Mir war klar, dass die Augen des Gesichts einfach die Reflexion dieser beiden schwarzen Kugeln waren, die Nase eine verzerrte Reflexion einer Vase und der Mund wahrscheinlich eine Delle in der Pfanne, die in diesem bestimmten Winkel einen Schatten auffing und festhielt.
Ich ließ die Sache auf sich beruhen und kehrte zu meinen vollgekritzelten Seiten zurück.
Nach einer Weile stieß ich auf eine Passage, die ich für völlig neu schreiben musste, und starrte nachdenklich vor mich hin, während ich mich bemühte, sie in meinem Kopf neu zu formulieren.
Zuerst unterbewusst und dann mit allmählicher Erkenntnis wurde mir bewusst, dass ich direkt auf ein anderes Gesicht starrte.
Es befand sich in der Schnitzerei einer der Säulen des Kamins. Aus den Windungen des erhabenen Steins, die anscheinend Kletterpflanzen darstellen sollten, starrte mich ein dämonisches kleines Gesicht mit scharfen, schrägen, boshaften Augen an, die Fratze eines Fuchs-Wesens, das in die Enge getrieben wird und knurrt. Es wirkte so lebendig und giftig, dass ich mich instinktiv ein wenig zurückzog, während mir Verteidigungsmaßnahmen durch den Geist schwirrten.
Diese leichte Bewegung reichte aus, um die Illusion verschwinden zu lassen. Denn es war eine Illusion, ein weiterer Trick des Lichts. Obwohl ich experimentierte, indem ich meine Haltung auf meinem Stuhl veränderte, konnte ich den Effekt allerdings nicht wiederherstellen. Tatsächlich war ich mir gar nicht mehr sicher, an welcher Stelle inmitten der Schnitzereien mir die Fratze erscheinen war.
Ziemlich verunsichert kehrte ich zu meiner Arbeit zurück, doch es dauerte eine ganze Weile, bis ich diese Gesichter aus meinem Kopf verbannen konnte.
Ich war fast fertig, als mich wieder dieses widerliche Gefühl überkam, beobachtet zu werden. Eine Weile wagte ich nicht, meine Augen von den Papieren zu heben, die in meinen Händen zitterten. In meiner Vorstellung schien es, als wäre ich von einer Schar böser und still drohender Gesichter umgeben – sie schienen nicht nur aus den dunklen Ecken, sondern auch von den hellen Oberflächen der Dinge finster herüber zu starren, die ich für so wohnlich und beruhigend gehalten hatte, als ich aus der Dunkelheit hereingekommen war.
Mit dem plötzlichen Entschluss, mich ihnen verdammt noch mal zu stellen, blickte ich auf. Ich erhaschte einen flüchtigen Eindruck von einem riesigen Gesicht, das die ganze Wand einer leeren Nische neben dem Kamin ausfüllte, aber es waren nur Farbflecken, die sich durch die Feuchtigkeit gebildet hatten, und sie schienen sich in dem Augenblick auseinander zu bewegen und völlig bedeutungslos zu werden, indem ich sie anstarrte.
Ich warf meine Papiere hin und sprang mit einem Fluch auf.
„Was ist das?“, fragte ich mich. ‚Werde ich verrückt? Oder versucht jemand, mich verrückt zu machen?‘
Ich ging entschlossen durch den Raum und betrachtete der Reihe nach alle diese Gegenstände, aber ich sah nichts Ungewöhnliches. Dann stand ich mitten auf dem Kaminvorleger und dachte über meine Lage nach.
Erstens hatte ich keine Lust mehr, heute Abend noch weiter an meinem Buch zu arbeiten. Ich hatte genug davon, über unheimliche Dinge nachzudenken.
Zweitens wünschte ich mir, ich hätte Gesellschaft oder wäre an einem weniger einsamen Ort auf dem Land als diesem. Aber außerhalb der Hütte lag der Wald, und dahniter erstreckte sich die weite Heide unter dem Nachthimmel – Meilen schwarzer Rätsel zwischen mir und dem nächsten menschlichen Lebenszeichen!
Drittens fühlte ich mich trotz der ungewöhnlichen geistigen und körperlichen Anstrengungen des Tages nicht mehr müde. Auch der Gedanke ans Bett lockte mich nicht – ich hatte das Gefühl, wenn ich jetzt schlafen würde, würden mich üble Träume, wenn nicht Schlimmeres, heimsuchen.
Ich beschloss, einige Briefe zu schreiben. Schon das Bild einiger meiner überschwänglichen Freunde in London (vor denen ich geflohen war!), das ich beim Schreiben vor Augen haben würde, könnte mir ein Gefühl von Gesellschaft vorgaukeln. Es würde mir eine Verbindung zu dieser angenehmen Welt des Alltags geben, von der ich in dieser erstickenden, elektrisch aufgeladenen Nacht so völlig abgeschnitten war.
Ich fragte mich, ob Briefe angekommen waren, während ich unterwegs war. Ich öffnete bereits die kleine Tür des Briefkastens, als mir einfiel, dass ich meine Adresse absichtlich nur Spencer mitgeteilt hatte.
Dennoch tastete ich mich wider besseren Wissens in das dunkle Innere vor und verspürte ein wenig Freude, als meine Finger auf einen Brief stießen, den einzigen. Ich spürte auch noch etwas anderes – einen leichten Schock, der die Finger ein wenig kribbeln ließ. Es war fast so, als hätte der Brief eine elektrische Ladung enthalten. Ich schrieb es der Atmosphäre zu.
Der Brief war von Spencer, wie ich mir schon gedacht hatte. Er war in keinerlei Hinsicht hilfreich. Spencer war wieder in seiner enigmatischsten Stimmung.
Das Schreiben war in ordentlicher Druckschrift gehalten und begann ohne jede Einleitung. Er war von Spencer unterzeichnet - „Mit freundlichen Grüßen“ - und das schien mir der verständlichste Teil davon zu sein. Was den Rest betrifft – nun, hier ist er, Wort für Wort, so wie ich mich daran erinnere.
AKEL.
Der Komponist Robert Schumann hörte lange Zeit Stimmen und sah Dinge, die nicht da waren. Er wurde verrückt.
Ebenso wie der Autor von Gullivers Reisen, Jonathan Swift.
AGRAMM.
Der Dichter Shelley wurde sein ganzes Leben lang von Träumen und Visionen gequält. Einmal begegnete er in einer Wachvision einer Gestalt, die in einen dunklen Umhang gehüllt war. Es war – er selbst. Bei einer anderen Gelegenheit hörte er ein Geräusch außerhalb der Berghütte, in der er sich aufhielt. Er öffnete die Tür und wurde von etwas Unsichtbarem bewusstlos geschlagen.
Als junger Mann hatte John Bunyan „furchtbare Träume und Visionen“. Pestilenzialische Geister und Teufel erschienen ihm, bis er siebzehn Jahre alt war. Dann verschwanden sie für zwei Jahre, in denen er sich jeder bösen Leidenschaft hingab und ein verdorbenes Leben führte.
1651 kehrten seine Visionen zurück und er behauptete, dass er vom Teufel verfolgt würde. Er schwor, dass er manchmal „fühlte, wie der Versucher an meinen Kleidern zog“, und manchmal nahm der Teufel „die Gestalt eines Stiers, eines Busches oder eines Besens an“.
Alle Dämonen in „Pilgrim's Progress“ entsprangen seinen Erinnerungen an diese Erlebnisse.
AGERON.
William Blake, der Dichter und Künstler, hatte sein ganzes Leben lang Träume und Visionen. Er berichtete nicht nur davon, daß er den Teufel sah, sondern er zeichnete ihn auch. Er schrieb: „Ich ging im Dunkeln die Treppe hinunter, als plötzlich ein Licht auf meine Füße fiel. Ich drehte mich um, und da war er und starrte mich durch das eiserne Gitter meines Treppenhausfensters an. So wie er mir erschien, genauso zeichnete ich ihn.“
Blakes Skizze zeigte ein schreckliches Phantom, das durch ein vergittertes Fenster starrte – mit brennenden Augen, langen Zähnen und serPenTinenartigen Haaren.
William Blake wurde verrückt.
Also, mein Freund, denk daran: wenn du dich in deinem kleinen Häuschen verrammelt hast, nimm dich vor „Träumen und Visionen“ in Acht!

Nein, das war definitiv keine erfreuliche Nachricht. Ich verfluchte den Mann für seinen perversen Sinn für Humor – wenn man das Humor nennen konnte – und seine nervtötende Geheimiskrämerei.
Aber es kam mir eigenartig vor, dass die Ankunft solch eines Schreibens mit der Zeit zusammenfiel, in der ich seltsame Dinge sah.
Ich setzte mich hin und studierte stirnrunzelnd das getippte Blatt.
„AKEL, AGRAMM, AGERON . . .“ Was für ein Kauderwelsch war das? Welche Verbindung bestand zwischen diesen Wörtern?
Wenn ich Spencers verdrehten Verstand richtig einschätzte, gab es da eine Verbindung. Möglicherweise hatte er einen Hinweis in seinen Formulierungen untergebracht. Er war immer auf der Suche nach solchen verrückten, aber absichtlichen Hinweisen in den Schriften von Shakespeare. Hinweisen, die darauf hindeuteten, dass die Dramen tatsächlich von Francis Bacon geschrieben wurden.
Ich ging die Worte noch einmal langsam durch. Warum, überlegte ich, ein großes „P“ und „T“ „in serPenTinenartig“? Und warum schrieb er nicht einfach „schlangenartig“?
Moment mal – PenT. Pent-AKEL, Pent-AGRAMM . . .?
Ich griff nach einem Band meiner Enzyklopädie und suchte, was ich bald fand – diesen Eintrag:
"PENTAKEL, PENTAGRAMM oder PENTAGERON.
„Diese verschiedenen Namen beziehen sich alle auf die Gestalt eines fünfzackigen Sterns, der aus fünf geraden Linien besteht und vollständig geformt werden kann, ohne dass das Zeichengerät vom Aufzeichnungsobjekt getrennt werden muss, d. h. er kann gezeichnet werden, ohne dass der Stift vom Papier abgehoben werden muss, da die Spitze des Stifts zum Ausgangspunkt zurückkehrt. Möglicherweise wurde das Zeichen aufgrund solcher Merkwürdigkeiten lange Zeit als mystisches Symbol verwendet, zuerst von den Pythagoräern und später von den Astrologen und Geisterbeschwörern des Mittelalters. Es ist häufig in der frühen ornamentalen Kunst zu finden und wird in abergläubischen Regionen der Welt manchmal noch auf Türen verwendet, um Hexen und böse Geister fernzuhalten.“

Es folgten Darstellungen des Pentagramms usw. und: „Das Hexagramm – zwei ineinander verschlungene gleichseitige Dreiecke – wird oft mit ihm verwechselt.“
Da ich den „P“-Band in der Hand hatte, dachte ich, ich könnte auch gleich nach Pythagoras suchen, von dem ich nichts wusste, außer dass er ein griechischer Philosoph mit einem Lehrsatz gewesen war.
Er lebte im sechsten Jahrhundert v. Chr. und reiste viel, unter anderem durch Ägypten. 529 v. Chr. ging er nach Italien und gründete dort eine religiöse Bruderschaft, die die Menschheit durch die Ausübung bestimmter Riten reformieren sollte. Schon zu seinen Lebzeiten formierte sich eine Gegenströmung, die Mitte des 5. Jahrhunderts v. Chr. ihren Höhepunkt erreichte. Seine Bewegung wurde gewaltsam zerschlagen, Versammlungshäuser der Pythagoräer wurden überall geplündert und niedergebrannt, und Pythagoräer verfolgt und getötet.
Nun, das alles war ziemlich interessant, dachte ich, aber ich sah immer noch keinen Sinn in dem Brief. Und doch: War es nicht ein sonderbares Zufall, dass er mir gerade auf dem Höhepunkt meiner Angst vor die Augen kam?
Ich lehnte mich mit halb geschlossenen Augen in meinem Sessel zurück und dachte über die Träume und Visionen der Berühmtheiten nach, die Spencer aufgelistet hatte. Ich war eine Art Schriftsteller – ein Künstler auf meinem Gebiet, darauf war ich stolz –, aber ich machte mir keine Illusionen darüber, dass mein Name länger Bestand haben würde als ich selbst. In hundert Jahren würde es niemanden auch nur im Geringsten interessieren, zu erfahren, ob ich in einer Irrenanstalt gestorben war oder regelmäßig an Delirium tremens litt.
Eine Zeit lang dachte ich über die Vergänglichkeit des geringen Ruhms eines zweitklassigen Schriftstellers nach, und dann begann mein Gehirn auf die übliche Weise zu arbeiten, indem es zwei Ideen zusammenführte und daraus etwas Neues schuf. In meiner Vorstellung nahm die langsame Entstehung einer neuen Geschichte Gestalt an - über einen brillanten Schriftsteller, der auf dem Höhepunkt seiner Berühmtheit verrückt wurde. Bald war ich träumerisch darin versunken.
Unterschwellig wurde mir bewusst, dass sich die Beleuchtung des Raumes langsam in ihrer Qualität zu verändern schien. Das normale gelblich-weiße Licht der Öllampe nahm einen schwachen Grünstich an. Ich war immer noch tief in Gedanken und achtete zunächst kaum darauf, aber bald wurde es so deutlich, dass ich geistesabwesend auf die Lampe schaute. Das Licht war recht schwach. Ich erinnerte mich vage daran, dass ich vergessen hatte, mehr Paraffin zu besorgen. Das grünliche Licht kam von irgendwo links von mir, wo das Fenster war, und ich dachte, es sei ein seltsamer Effekt des einfallenden Mondlichts. Ich warf einen Blick dorthin, und mein Herz machte einen Satz, von dem ich dachte, er würde es aus seiner Verankerung reißen. Eine Art stummer, greller Schrecken lähmte mich.
Das Fenster war ein Quadrat aus grünlich durchscheinendem Licht, als wäre es die Seite eines künstlich beleuchteten Aquariums, und durch das Fenster starrte mich William Blakes albtraumhafte Vision des Teufels an.
Die Augen brannten sich in meine ein, die Reißzähne wurden in einem Tigergrinsen sichtbar – der ganze Effekt war der eines Monsters, das vor sadistischem Appetit loderte und die Entfernung für einen Sprung an meine Kehle abschätzte.
Ich fürchte, ich bin ohnmächtig geworden. Das ist eine Schwäche, die niemand gerne zugibt, aber sowas passiert schon mal. Nun passierte es mir, und ich bin sehr dankbar dafür.
Als ich wieder zu mir kam, war die Öllampe nur noch ein schwacher Schimmer, der sich wie ein Stern in der schwarzen Undurchsichtigkeit des Fensters vor mir spiegelte. Denn von meinem furchterregenden Besucher war keine Spur mehr zu sehen. Die Nacht draußen war so dunkel wie eine Höhle tief unter der Erde, und nichts war zu erkennen, nicht einmal die angrenzenden Kiefern.
Ich stand auf, ratternd und klappernd wie ein altes Auto, und musste mich für ein paar Augenblicke auf den Tisch stützen, während ich meine Knie zu überreden versuchte, ihrer seltsamen Neigung zu widerstehen, sich in Gummi zu verwandeln. Dann handelte ich zitternd, aber schnell.
Zuerst rammte ich die Riegel vor die Tür. Ich wusste nicht, warum das Ding nicht bei mir eingedrungen war, aber ich würde ihm keinen Vorteil verschaffen, sollte es zurückkehren.
Dann zog ich den dichten Vorhang zu. Ich hatte Angst, mich dem Fenster zu nähern, ich könnte ja plötzlich dem Ding gegenüberstehen, und ich glaubte nicht, dass mein Herz das aushalten würde. Also hakte ich den Vorhang mit dem Ende eines Besenstiels ein und hielt mich so vom Fenster fern.
Dann legte ich für alle Fälle das Schüreisen auf den Tisch. Es war ein angenehm schweres Stück Metall.
Und dann genehmigte ich mir ein paar gepflegte Whiskys.
Die Lampe konnte ich vergessen. Es gab kein Öl mehr, und ich hatte nicht vor, um diese Uhrzeit noch nach welchem zu suchen. Allein der Gedanke daran, mich wieder zwischen den unsichtbaren Bäumen da draußen zu bewegen, ließ mich erschaudern. Ich fand einen Kerzenstummel und zündete ihn an, aber er würde nicht lange brennen.
Also machte ich ein riesiges Feuer. In dieser schwülen Sommernacht entfachte ich ein Feuer, das mich fast zum Schmelzen brachte. Aber die Hitze machte mir nichts aus, solange ich mich sicherer fühlen konnte. Und helles Flammenlicht war besser als absolute Dunkelheit.
Ich saß schweißgebadet neben dem Feuer, meinen Schürhaken in der Hand, und nahm mir vor, weder das Licht noch meine Wachsamkeit bis zum Morgengrauen und dem gesegneten Tageslicht schwächer werden zu lassen.
Mein Blick fiel auf Spencers Brief auf dem Tisch. Ich hatte genug von dieser Art von Dingen. Ich griff danach und wollte ihn gerade ins Feuer werfen, als ich zum ersten Mal eine Zeichnung auf der Rückseite bemerkte.
Es war ein Pentagramm, das mit äußerst sauberer Zeichenkunst in sehr dünnen Linien ausgeführt war, Linien, die wie grüne Tinte aussahen.
Als ich es genauer betrachtete, schien es sich vom Papier abzuheben, als wäre es gestanzt. Dann schien das Papier um das Pentagramm herum zu verblassen, sodass es wie ein grüner Drahtrahmen zurückblieb. Und der Draht begann zu leuchten, bis das Zentrum meines Sichtfeldes nichts als eine Leere war, in der das Pentagramm wie eine grüne Leuchtreklame strahlte, die immer heller wurde.
Das freundliche Feuerlicht verblasste gegen diese Strahlen. Und nun waren da Gesichter, Gesichter, grinsende und anzügliche Gesichter, die sich um mich herum drängten, eine immer größer werdende Menge, und ein grünes Licht, das über allem erstrahlte und leuchtete. Mit dem letzten Rest meines Willens schaffte ich es gerade noch, den Bann zu brechen - ich gab mir die Art Ruck, mit dem es mitunter gelingt, aus der Lähmung eines Albtraums aufzuwachen. Und in diesem Moment verschwanden die Schrecken, und da saß ich im Feuerschein mit einem ganz gewöhnlichen Stück Papier in der Hand.
Aber nicht für lange. In einem Anfall von Angst und Wut knüllte ich es zu einem Ball zusammen und warf es mitten ins Feuer. Es gab einen kurzen grünen Flammenstoß ... Zugegeben, es könnte eine Chemikalie in einem der Holzscheite gewesen sein …
Ich blieb die ganze Nacht wach, aber ich wurde nicht weiter von Erscheinungen geplagt.

2.


Am Morgen packte ich meine Sachen und floh zurück nach London. Ins gute alte, schmutzige, aber sichere Bloomsbury mit dem schäbigen Tempel des British Museum und den kleinen Straßen voller ausländischer Restaurants und Buchläden und den domestizierten Bäumen auf den schmutzigen Plätzen!
Sobald ich mich in meiner Wohnung eingerichtet hatte, marschierte ich zum Mecklenburgh Square, um Spencer zu fragen, was zum Teufel ...
Obwohl er nur wenige Besucher empfing, hatte er ein Sicherheitsschloss an der Tür seiner Wohnung im obersten Stock des grauen Hauses angebracht, und er hielt diese Tür verschlossen und vertraute nur der inneren Seite. Aber er hatte mir schon vor langer Zeit einen Schlüssel anvertraut.
Als ich klopfte, kam keine Antwort, also ließ ich mich selbst herein.
In der hinteren Ecke stand sein Schreibtisch, wie üblich mit Büchern und Papieren übersät, und da war sein altmodischer Ohrensessel, in dem er öfter schlief als in seinem Bett - aber von ihm selbst keine Spur.
Natürlich könnte er im Lesesaal des Museums recherchieren, oder auch in einem der benachbarten Cafés essen gegangen sein. Ich nahm an, dass er manchmal aß, obwohl ich ihn nie dabei beobachtet hatte. Das waren die einzigen vorstellbaren Gründe, aus denen er diesen Raum jemals verlassen würde.
Er trieb keinen Sport und hatte keine Verwendung für frische Luft. Wie er es schaffte, an diesem Ort den Sauerstoff zum Atmen zu finden, hatte ich nie verstanden. Tür und Fenster waren stets geschlossen. Ich ging hinüber und versuchte, das Fenster zu öffnen, aber es war unbeweglich; durch jahrelange Vernachlässigung waren Fenster und Rahmen miteinander verschmolzen.
Ich setzte mich in seinen Sessel und blickte mich gelangweilt im Zimmer um. Jede verfügbare Wandfläche, vom Boden bis zur Decke, war mit beladenen Bücherregalen bedeckt: seine berühmte Bibliothek über schwarze Magie, Dämonologie, Spiritismus und alle Aspekte des Übernatürlichen. In der Ecke stand sein großes Doppelbett, wie immer ungemacht, und seine zerwühlten Kleider hingen von dort bis auf dem Teppich hinab. Die fleckige alte Kaffeekanne stand auf dem Herd, und überall auf dem Boden lagen Zigarettenstummel verstreut.
Wie ein Fels in der Brandung aus Dokumenten, Briefen, Akten, Zeitungsausschnitten, Broschüren und ähnlichen Papieren, die sich über den Schreibtisch ergossen, stand Spencers Schreibmaschine. In ihr befand sich ein Blatt Papier, das zur Hälfte beschrieben war. Neugierig, woran Spencer gerade arbeitete, stand ich auf und warf einen Blick darauf.
Es stellte sich heraus, dass es sich um die Seite 4 eines offensichtlich an mich gerichteten Briefes handelte, also suchte ich auf dem Schreibtisch nach den vorherigen Blättern und fand sie. Was den Brief betraf, so las ich ihn mit Spannung:
Lieber Bill,
ich nehme an, wenn diese Nachricht dich erreicht, wirst du mich für eine schlaflose Nacht verfluchen. Wahrscheinlich wirst du die unmittelbare Ursache dafür herausgefunden haben. Falls nicht, wird dieser Brief dich aufklären, so dass du diese Ursache zerstören und den Schlaf der Unschuldigen schlafen kannst.
Betrachte das bescheidene Pentagramm. Es ist heute zu einer lustigen kleinen Spaßfigur geworden „– viel Glück!“ Und so weiter. Man fischt es vielleicht in Form eines Glücksbringers aus einem Weihnachtscracker oder sieht ein Dutzend davon als Sterne auf Märchenbuch-Illustrationen für Kinder.
Geschäftsleute, die gerne „Geheimgesellschaft“ spielen (was ja auch gut fürs Geschäft ist), verwenden es als Erkennungssymbol zwischen den Mitgliedern. Sie haben diesen Trick von den Pythagoräern kopiert. Aber die Pythagoräer waren sich des schrecklichen Geheimnisses bewusst, das sie teilten und das sie vor den gewöhnlichen Menschen verbargen. Doch selbst diese Philosophen und Geometrie-Experten lagen in einem Punkt etwas daneben.
Da sie die Manifestationen auf die Anwesenheit eines Pentagramms einer bestimmten Größe und Form zurückführten, dachten sie, dass das Geheimnis in dieser bestimmten Größe und Form lag. Und sicherlich wurden die gleichen Effekte durch die Verwendung exakter Duplikate dieses ursprünglichen Pentagramms hervorgerufen.

Aber das ganze Geheimnis liegt in nur einem Dreieck dieser Figur. Die Größe ist irrelevant und der Rest des Pentagrammrahmens überflüssig. Es sind die Winkel dieses einen Dreiecks, die wichtig sind. Forme ein Dreieck mit seinen drei Winkeln in den Größen, die ich dir nennen kann (obwohl schon eine extrem geringe Abweichung ausreicht, um es wirkungslos zu machen), und du wirst in der Tat ein Dreieck des Schreckens haben.
Wenn du „Try and Error“ spielen willst, kann ich dir sagen, dass ein Winkel 36° 47′ 29″ betragen muss. Wenn du diesen richtigen Winkel findest, wirst du früher oder später Dinge sehen. Aber deine Chancen sind gering. Es handelt sich nicht um ein gleichschenkliges Dreieck, sondern um ein ungleichseitiges. Das ursprüngliche Pentagramm der Antike war zunächst eine sehr grobe Arbeit, alles andere als symmetrisch, und nur durch Zufall enthielt es dieses gefährliche Dreieck.
Wie habe ich das alles entdeckt? Es begann mit meiner Untersuchung des Spuks in einem Landhaus in Norfolk. Ich brachte die Phänomene mit einem kleinen Glasprisma in Verbindung, das in der Gegend herumlag (der ehemalige Bewohner war ein Spektroskop-Fan – bis er verrückt und weggesperrt wurde). Bei einigen Gelegenheiten, bei denen die Spukphänomene kurz davor waren, zu erscheinen, bemerkte ich, dass dieses Prisma eine durchscheinende blassgrüne Farbe annahm. Ich ging nach wissenschaftlicher Methode vor und fand heraus, dass das Haus nicht heimgesucht wurde, wenn das Prisma entfernt wurde. Aber die Umgebung des Prismas war verflucht, wo auch immer man es hinbrachte. Ich hatte eine ziemlich unangenehme Phase, um das herauszufinden – ich muss dir irgendwann mal genauer davon erzählen.

Bedauerlicherweise ließ ich das Prisma eines Tages fallen, und eine Ecke brach ab. Und es war nie wieder dasselbe. Es wurde einfach zu einem weiteren Stück Glas. Aber ich hatte genaue Messungen vorgenommen und sie aufbewahrt.
"Jahre später konnte ich durch ausgiebiges Ausprobieren die Ursache eines weiteren Spuks – in einem Wohnhaus auf Putney Common – auf die Anwesenheit (ausgerechnet!) einer Büroklammer zurückführen. Einer dreieckigen. Ich nahm sorgfältige Messungen vor und verglich sie mit den Abmessungen des Prismas, an das ich mich erinnerte. Ich wusste, dass ich auf der Zielgraden war, als ich feststellte, dass ihre Winkel – wenn auch nicht die von ihnen eingeschlossene Fläche – absolut genau mit den Winkeln eines der (natürlich) dreieckigen Enden des Prismas übereinstimmten, das ich zerbrochen hatte.
Leider habe ich meinen Beweis nicht lange aufbewahrt. Ich war so beunruhigt von „Träumen und Visionen“, solange die Klammer in meinem Besitz war, dass ich sie schließlich verbog. Das machte sie harmlos. Eine einfache kleine Aktion wie diese!
Aber ich fand später reichliche neue Beweise. Das Spukhaus am Flussufer in Teddington: Ich entfernte und zerstörte eine dieser üblichen dreieckigen Regalhalterungen und erntete Anerkennung dafür, die Geister ausgetrieben zu haben! Weißt du, warum das Pfarrhaus von Burlham immer noch als „das am meisten heimgesuchte Haus in Großbritannien“ bekannt ist? Weil ich keine Erlaubnis dazu bekam, einen Balken zu bearbeiten, der ein Dreieck in einem der Giebel vervollständigt!

Ich sage dir, du musst dich nur in einem dieser „verwunschenen“ Häuser umsehen und wissen, wonach du suchst; früher oder später wirst du die Ursache des Problems finden. Es kann ein zufälliges Dreieck sein aus Kratzern an der Wand, ein Kleiderbügel oder sogar die Form eines Pfefferstreuers! Aber das Dreieck ist immer da.
Als ich die Geschichte der Pythagoräer erforschte, fand ich heraus, dass ihnen das Geheimnis schon Jahrhunderte vor Christus bekannt war, nur dass sie das Pentagramm für die Ursache hielten und nicht lediglich das darin enthaltene Dreieck. Sie praktizierten Riten, in denen sie diese unangenehmen Erscheinungen beschworen, um sie dann zu besiegen, indem sie das Zeichen zerstörten. Sie fühlten sich durch den Kampf mit dem Bösen gereinigt und durch den symbolischen Sieg über das Böse erhoben. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob sie dabei immer den Sieg davontrugen ...

Natürlich hielten sie diese dunklen Geheimnisse vor gewöhnlichen Menschen geheim, aber die Leute bekamen allmählich Wind davon, fürchteten und hassten sie als Zauberer und versuchten, sie auszulöschen. Die Verfolgung erreichte ihren Höhepunkt in der Mitte des 5. Jahrhunderts v. Chr.; überall wurden die Versammlungshäuser der Pythagoräer niedergebrannt und alle dort angetroffenen Pythagoräer getötet.
Du fragst dich wahrscheinlich, warum eine bestimmte Art von Dreieck solche Phänomene verursachen sollte. Ich mich auch. Ich bin noch dabei, das zu untersuchen.
Meine eigene Theorie sieht im Moment so aus: Erstens haben diese Teufel und Dämonen, die erscheinen, keine materielle Existenz. Tatsächlich haben sie überhaupt keine Existenz – außerhalb unserer eigenen Vorstellung! Sie existieren in unserem Unbewussten, in Erinnerungen, mit denen wir geboren werden und die von unseren primitivsten Vorfahren überliefert wurden.
Erinnerst Du dich daran, wie du als Kind allein in deinem Zimmer lagst und versucht hast zu schlafen, in diesen unruhigen Zeiten, als du glaubtest, in der Dunkelheit des Raums Gesichter zu sehen – hässliche, mit starren Augen, furchterregende Gesichter? Und wenn du die Augen zugemacht hast, um ihnen zu entkommen, waren sie hinter deinen Augenlidern, klarer als je zuvor? Das sind die Erscheinungen, auf denen unsere Angstträume aufbauen.
Kinder sehen sie häufiger als wir, denn die Vorstellungskraft ist in der Kindheit viel aktiver. Bei Erwachsenen verkümmert sie allmählich, und wir werden zu Gewohnheitstieren. Aber sehr sensible und fantasievolle Menschen, die mehr in ihrem Unbewussten als in ihrem Bewusstsein leben, die Introvertierten, sehen sie immer noch.
Sehr sensible und fantasievolle Menschen, wiederhole ich, wie Künstler, Dichter, Komponisten ... wie Blake, Shelley, Schumann. Beginnst du, die Idee zu verstehen? Die Musiker – und die Träumer ...
Weitaus stärker als extrovertierte, materialistische Menschen reagieren sie auf diese Herausforderung des Dreiecks – ich kann mir nicht vorstellen, dass Geschäftsleute große Probleme mit Pentagrammen haben, selbst wenn sie zufällig auf ein pythagoreisches stoßen. Es wirkt wie eine Art Tor, durch das die Bilder und Gedankenwellen des Unbewussten immer stärker sickern, bis sie uns überfluten und den bewussten Geist gänzlich in Besitz nehmen. Und wenn das einem Menschen passiert, sagen wir, er sei verrückt. Das Bewusstsein wägt ab und urteilt, es ist unsere kritische Instanz, es hält uns in einem ausgewogenen Verhältnis zur materiellen Welt. Aber wenn diese Instanz nicht mehr da ist, sind wir hilflos. Wir werden an alles glauben, woran unser Unbewusstses glaubt, denn das beherrscht uns dann vollständig.

Warum sind nicht alle großen Männer wie Beethoven, Shakespeare und da Vinci verrückt geworden? Warum nur ein kleiner Teil? Ich nehme deine Fragen vorweg. Nun, ganz einfach, weil sie nie mit einem dieser Dreiecke in Berührung gekommen sind. Aber bei denjenigen, die ich aufgelistet habe, und vielen anderen, die ich nicht aufgelistet habe, muss dieses Dreieck irgendwo in ihren Häusern existiert haben. Oder auch, was durchaus vorstellbar ist, in ihrem eigenen physischen Körper – eine Knochenstruktur oder eine Venenformation oder eine ähnliche Anomalie.
Es scheint, dass der physische Anblick des Dreiecks nicht notwendig ist. Die außersinnliche Wahrnehmung ist ziemlich fest etabliert, und ich neige dazu zu glauben, dass dieses Design außersinnlich wahrgenommen wird, wenn es in der Nähe ist. Es scheint eine hypnotische Wirkung auf den Geist des Subjekts auszuüben, aber auf welche Weise, muss noch erforscht werden. Was sind Gedankenwellen überhaupt, und können sie auf bestimmte Arrangements reagieren, so wie man eine bestimmte Antennenform braucht, um Fernsehwellen zu empfangen? Und überhaupt, was ist Vorstellungskraft?

Weil du Schriftsteller bist und daher über ein gewisses Maß an Vorstellungskraft verfügst, habe ich dir mein kleines Rätsel – und das Pentagramm – geschickt. Es müsste zu einigen amüsanten Ergebnissen geführt haben. Ich glaube aber nicht, dass sie dir schaden könnten – ich habe deine Bücher gelesen und kenne die Qualität deiner Phantasie, und ich glaube nicht, dass du das Schicksal der von mir erwähnten Schriftsteller teilen musst.
Schließlich sollte man, wenn man sich erst einmal völlig darüber im Klaren ist, dass diese Phantome nur im eigenen Kopf existieren, ...

Der Brief endete dort, mitten im Satz, was ich ziemlich seltsam fand.
Dies war das erste Mal, dass ich hörte, dass Spencer praktische Untersuchungen zu Spukphänomenen durchführte – jede Art von aktiven Handelns schien untypisch für ihn zu sein. War er jetzt zu einem Spuk gerufen worden, fragte ich mich?
Wenn Spencer die Qualität meiner Phantasie allein anhand meiner Bücher beurteilt hatte, dann lag er falsch. Ich bin nicht annähernd so nüchtern, wie es der Stil dieser Bücher vermuten lässt. Dieser Stil ist eine Pose, um eine fast morbide Sensibilität zu verbergen. Ich bin vielleicht nicht so nervös wie einer der Schriftsteller, die Spencer aufgelistet hatte, aber ich fand die Erlebnisse von gestern Abend ganz und gar nicht „amüsant“, und ich hätte das Ergebnis nicht vorhersagen wollen, wenn ich das Pentagramm nicht rechtzeitig zerstört hätte.
Nein, wenn Spencer zurückkam, würde er feststellen, dass er in mir einen Wirbelsturm heraufbeschworen hatte.
Ich würde ihm noch eine halbe Stunde geben, bevor ich zum Mittagessen ging.
Ich setzte mich hin und dachte über die unglaublichen Enthüllungen des Briefes nach. Nach meiner eigenen Erfahrung der letzten Nacht konnte ich nicht an ihrer Wahrheit zweifeln.
Ich fragte mich, ob es möglich war, Fälle von Wahnsinn, die so entstanden waren, zu heilen. Es bestand eine Chance, dass ...
In diesem Moment erblickte ich etwas, das mich wie ein elektrischer Schlag traf. Die Sohle eines Schuhs, direkt unter Spencers großem Bett, teilweise verdeckt von dem achtlos über den Rand geworfenen Bettzeug. Und diese Sohle balancierte aufrecht auf der Spitze, eine Position, die unmöglich war, es sei denn, dieser Schuh enthielt einen menschlichen Fuß. Jemand lag mit dem Gesicht nach unten unter dem Bett.
Ich musste mich zwingen, hinüberzugehen und nachzusehen. Es war Spencer, wie ich befürchtet hatte, und er war tot. Er hatte sich so weit unter das Bett gezwängt, wie es sein behäbiger Körper zuließ, und es war anstrengend, ihn hervorzuzerren – meine Bemühungen hatten etwas zugleich Schreckliches und Lächerliches an sich.
Doch als ich sein Gesicht sah, fand ich die Sache überhaupt nicht lustig. Mund und Augen waren weit aufgerissen. (Irgendwie erinnerte mich sein Gesichtsausdruck an die Gipsfigur im Pompeji-Museum, die den armen Unglücklichen darstellt, der unter der Asche des Vulkanausbruchs, der seine Stadt begrub, vor Angst krepierte.) Und die Iris der Augen war leicht nach innen und oben gedreht, wie bei einem Mann mit einem Schlaganfall. Es war ein schrecklicher Anblick.
Ich wusste, dass er in einer animalischen Urangst vor etwas geflohen war, das ihn buchstäblich zu Tode erschreckt hatte. Armer Spencer – an welchen unmöglichen und albernen Zufluchtsort war er gekrochen! Welche schreckliche Präsenz hatte einen so gelehrten Geist aus dem Gleichgewicht gebracht, einen so festen Charakter gebrochen, einen so reifen und weisen Mann zu einem tragischen Clown gemacht?
Natürlich war er nach seiner eigenen Theorie sehr anfällig für diese beängstigenden Visionen aus dem Unbewussten, weil er so sehr in den Tiefen seines eigenen Geistes lebte und seine Umgebung und Gesellschaft normalerweise mehr als nur halb vergaß.
Ja, seine eigene Entdeckung musste ihn zerstört haben!
Und dann keimte eine entsetzliche Erkenntnis in mir auf. Ohne die unmittelbare Anwesenheit dieses schrecklichen Dreiecks hätte das nicht passieren können. Es musste immer noch irgendwo sein, höchstwahrscheinlich irgendwo in diesem Raum!
Wenn ich nicht aufpassen würde ... Panische Gedanken jagten durch meinen Kopf. Ich versuchte, mich zu beherrschen. Ich stand auf. Es war ganz offensichtlich, was ich tun musste – ich musste sofort die Polizei informieren.
War da drüben an der Tür etwas, das sich bewegte?
Ja oder nein…? Plötzlich füllte Angst meine Seele aus. Mir wurde übel und mein ganzer Körper begann zu zittern. Eine posttraumatische Reaktion auf den Schrecken der letzten Nacht verband sich nun mit den Schocks der neuen Entdeckungen. Bilder des Dreiecks, das ich fürchtete, versuchten immer wieder, sich in meine allzu lebhafte Fantasie zu drängen. Ich kämpfte darum, sie aus meinen Gedanken zu verbannen.
„Ich muss hier raus, ich muss hier raus!“, murmelte ich vor mich hin. Ich versuchte, einen ziemlich wackeligen Schritt in Richtung Tür zu machen, und blieb dann mit einem erstickten Keuchen stehen, als hätte man mich mit einem Eimer sehr kalten Wassers übergossen.
Zwischen der Tür und mir stand eine große, aber leicht gebeugte Kreatur aus einem meiner schlimmsten Kindheitsalpträume. Ein verrücktes, sabberndes Ding mit einem von Verderbnis zerfressenen Gesicht und toten, lidlosen Augen, die an mir vorbeizustarren schienen - doch ich wusste, dass sie es nicht taten. In Wirklichkeit galt die ganze Aufmerksamkeit des Wesens mir. Aber es war keine intelligente Aufmerksamkeit. Es war die gedankenlose, unreflektierte, eifrige Aufmerksamkeit des geifernden und schnüffelnden Dorftrottels, der langsam und bedächtig einer Spinne die Beine ausreißt oder mit einem Messer auf einen gefangenen Spatzen losgeht und ihm unvorstellbare Grausamkeiten antut.
Und dieses Ding war hinter mir her.
Kalter Schweiß brach aus.
Mein Bewusstsein hämmerte auf mich ein: „Es ist nicht real. Es ist nicht real. Es wird dir nicht wehtun. Das bildest du dir nur ein. Du wirst hypnotisiert. Brich den Bann. Schau weg."
Ich riss meine Augen von ihm los und mein Blick fiel direkt auf Spencer, der tot zu meinen Füßen auf dem Rücken lag, und seine seltsamen Augen schienen zu versuchen, seine eigene Stirn zu sehen. Mit einem Schluchzen stolperte ich über ihn und erreichte den Herd. Ich klammerte mich daran und wandte meinen Blick immer noch nicht in Richtung Tür.
Die fleckige Kaffeekanne fiel in meinen Blick. Sie hatte sich in ein Gesicht verwandelt, mit einer grotesken Nase – es war eines der lüsternen Gesichter, die ich letzte Nacht gesehen hatte.
Mit einer spontanen Bewegung, wie ein Reflex, trat ich mit der Schuhspitze heftig nach ihr, und sie zersprang in Scherben an der gegenüberliegenden Wand.
Das war eine unerwartete Erleichterung. In plötzlicher Hoffnung wagte ich einen Blick zur Tür.
Aber das geifernde, starre Ding war so real und potenziell mörderisch wie eh und je. Es war deutlich näher an mich herangekommen, und jetzt konnte ich Details erkennen, die ich lieber nicht gesehen hätte. Seine toten, weißen Hände streckten sich aus, bereit, zuzugreifen und zuzupacken. Es schien sich seiner selbst unerbittlich sicher zu sein. Und was meinen Schrecken noch verstärkte - es bewegte sich absolut lautlos. Falls es atmete, konnte ich es nicht hören. Es näherte sich mir wie eine Gestalt aus einem alten Stummfilm, ein bewegter Schatten.
„Es ist ein Schatten“, versicherte ein Teil meines Verstandes. „Nur ein Schatten, den du wirfst.“
Und eine andere Stimme schrie: „Das Fenster! Flieh durch das Fenster!“
Und eine weitere Stimme sagte: „Das Fenster klemmt! Du kannst es nicht öffnen!“
Mein Hirn war ein tosendes Durcheinander widerstreitender Impulse, die alle von hereinflutender Angst beherrscht wurden.
Ich wusste, dass meine Vernunft zerfiel, dass mein Bewusstsein unter der Belastung zerbröselte, und wenn mich dieser sabbernde Horror überfiel, würde ich vor Angst verrückt werden. So wie andere verrückt geworden waren.
Ich unternahm einen letzten verzweifelten Versuch, in meinem chaotischen Hirn einen Winkel zu finden, in dem ich zusammenhängend denken konnte.
Das Dreieck. Dies alles geschah durch das Medium des Dreiecks. Ich musste es finden. Ich durfte keine Zeit verlieren. Ich musste es zerstören.
Schnell, wo… was zum Teufel – konnte es sein?
War es diese Klammer einer Rohrhalterung? Ich riss sie herunter und zerschmetterte sie. Aber ohne hinzusehen, wusste ich, dass ich immer noch verfolgt wurde.
Gott, es gab tausend Dinge in diesem Raum, die es enthalten könnten!
Ich war kurz davor, alles Verdächtige in meinem begrenzten Radius zu zerschlagen. Aber ich war immer noch gezwungen, mich zurückzuziehen, bis ich mich gegen den Schreibtisch in der entferntesten Ecke von der Tür drückte und mich wie ein Gelähmter fühlte und nicht weiter zurückweichen konnte.
Ich glaube, ich begann stumm zu schreien, als ich in wahnsinniger Verzweiflung zwischen den Büchern und Papieren auf dem Schreibtisch herumtastete und meine Augen vor Angst bei der vergeblichen Suche nach etwas Dreieckigem buchstäblich aus den Höhlen traten.
Mit einem einzigen krampfhaften Schwung wischte ich einen ganzen Haufen des Durcheinanders vom Schreibtisch. Darunter kam ein Block mit Löschpapier zum Vorschein, den der Stapel verdeckt hatte. In der Mitte des Blocks befand sich ein vertrauter Umriss in grüner Tinte. Das Pentagramm.
Ich wusste, dass es das war, wonach ich suchte. Ich stürzte mich wie ein wildes Tier darauf und zerriss es. Und riss es noch einmal. Dann drehte ich mich entkräftet mit den Stücken in der Hand um.
Das Ding, das mir fast die Kehle zugedrückt hatte, war weg.
Ich begann schwach zu kichern und riss den Löschblock immer wieder quer durch, wobei ich die kleinen Stücke in die Luft warf; sie flatterten wie ein Bühnen-Miniatur-Schneesturm auf auf den Boden.
Wie Wellington nach Waterloo sagte ich mir immer wieder: „Das war knapp! Das war knapp!“
Und das alles nur, weil der alte Spencer, als er das Pentagramm so sorgfältig gezeichnet hatte, es mit seinem Löschblock abgetupft und nie bemerkt hatte, dass er eine perfekte Kopie dieser gefährlichen Winkel unter seinen Papieren hinterlassen hatte.
Das war sein Verderben. Nehme ich an. Ich nehme an, er war ein Schock, der ihn tötete ...
Der Arzt diagnostizierte eine Thrombose, und der Gerichtsmediziner schloss sich dieser Ansicht an. Manchmal ertappe ich mich dabei, dass ich ihm zustimmen möchte. Es ist menschlich, rational zu denken.
Doch ich weiß, dass ich unter keinen Umständen mit Dreiecken herumspielen werde, die einen Winkel von 36° 47′ 29″ haben… Eigentlich bin ich allergisch gegen Dreiecke jeglicher Art.



William F. Temple

The Triangle of Terror

Weird Tales, Mai 1950

Übersetzung © 2024 Matthias Käther

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