Es gibt die hartnäckige urbane Legende, dass die Angst vor künstlicher Intelligenz erst im Laufe des Computerzeitalters entstand. Doch Horrorgeschichten über Maschinen, die das Potential zur Vernichtung der Menschheit oder zumindest zur Bedrohung einzelner Exemplare der Spezies besitzen, reichen bis ins frühe 19. Jahrhundert zurück. Berühmte Beispiele sind E.T.A. Hoffmanns Novellen „Die Automate“ und „Der Sandmann“. Die Geschichten unmittelbar vor der Computerära finde ich besonders faszinierend, weil sie in der Regel nicht so sehr bedrohliche Aspekte der künstlichen Intelligenz aufzeigen, sondern die Tatsache einer intelligenten Maschine an sich schon furchteinflößend finden. Hierzu gehört auch die folgende britische Geschichte von 1938. Sie erschien zunächst im englischen Pulp-Magazin „The Passing Show“, ein Weekly mit einer wilden Mischung aus Cartoons, Fortsetzungsromanen und Kurzgeschichten. Einem größeren Publikum wurde sie bekannt, als die amerikanische Horror-Zeitschrift „Weird Tales“ sie ein Jahr später übernahm. J.J. Connington ist das Pseudonym des Krimi-Autors Alfred Walter Steward (1880-1947), dessen Kriminalromane sich in den 20er und 30er Jahren äußerster Popularität erfreuten, aber eher gemütliche Knobel-Epen a la Agatha Christie sind und nicht darauf schließen lassen, dass Connington auch einen Nerv fürs Horror-Genre hatte. Leider hat er nur zwei Geschichten dieser Art hinterlassen; die andere (Before Insulin) ist wesentlich schwächer. Diese hier ist ein kleines Juwel, das erstaunlicherweise für ein deutsches Publikum noch nicht entdeckt wurde.
Ich hatte das Glück, im Zug in Euston ein leeres Abteil zu finden, und als ich meinen Koffer auf die Ablage über einem Fensterplatz gestellt hatte, ging ich auf den Bahnsteig, um mir etwas zum Lesen für die Fahrt zu holen. Im selben Augenblick, als ich wieder zurückkam, ertönte der Pfiff, und ich etwas verblüfft, als ich feststellte, dass sich jemand in die gegenüberliegende Ecke meines Abteils gepflanzt hatte, obwohl der Rest der Wagens leer war. Ich hasse Unterhaltungen mit zufälligen Fremden im Zug. Ohne einen Blick auf meinen unerwünschten Begleiter zu werfen, schlug ich eines der Bücher auf, die ich gerade gekauft hatte, und begann zu lesen.
Über den Rand der Seite hinweg bemerkte ich, dass der Kerl mich beäugte, als würde er nach einer günstigen Gesprächs-Eröffnung suchen; ich schob das Buch ein oder zwei Zentimeter höher in der Hoffnung, dass ihn das abschrecken würde. Dann stand er auf, lehnte sich über mich und untersuchte bedächtig das Etikett meines Koffers. Danach setzte er sich wieder hin, beugte sich vor und tippte mir auf das Knie, um meine Aufmerksamkeit zu erregen.
"Ich dachte mir schon, dass Sie es sind", erklärte er, "und jetzt habe ich auch noch Ihren Namen auf dem Etikett gelesen. Erinnern Sie sich nicht an mich? Ich bin Milton."
Da erkannte ich ihn. Das wässrige blaue Auge war so kalt wie eh und je, und ich entsann mich nun auch an den Zug seines bösen Mundes mit den rattenartigen Zähnen. Er und ich waren während unserer Universitätszeit nie mehr als Bekannte gewesen. Physik war sein Fach, und ich war auf der Seite der Biologie. Es ab also wenig Kontakt. Seitdem hatten wir uns völlig aus den Augen verloren, hatten nichts mehr gemeinsam; und ich ärgerte mich über das Wiederauftauchen dieses Gespenstes aus der Vergangenheit, das mich auf einer langen Bahnfahrt offensichtlich mit seiner Konversation nerven würde. Ich war nicht sehr herzlich zu ihm, fürchte ich.
Nicht, dass es ihn zu stören schien. Er wollte jemanden zum Reden haben, und ich war ein Geschenk der Götter.
Er sprach über das Wetter, die Leere des Zuges, eine Halsentzündung, die er in dieser Woche gehabt hatte, und die Aussicht auf einen harten Winter. Als es mir gelang, mich in das Gespräch einzuschalten, erwähnte ich, dass ich in den letzten zwei Jahren nicht mehr ganz auf dem Laufenden war, weil ich im Auftrag einer aufstrebenden Pharmafirma in Zentralafrika Botanik betrieben hatte. Das interessierte ihn nicht, und er kam auf langweilige Reminiszenzen aus unserer Studentenzeit zurück. "Erinnern Sie sich an So-und-so?" Äußerst ermüdend. Es schien Stunden zu dauern.
Und langsam, während ich diesem Strom von Trivialitäten zuhörte, begann ich zu bemerken, dass der Mann hochnervös war, dass er redete, um sich vom Denken abzuhalten. Ein Nervenbündel kurz vorm Durchdrehen...
Dann erwähnte ich zufällig Stevenson.
Stevenson wurde schon in meiner Studentenzeit als als der kommende Mann in der Physik bezeichnet. Haufenweise Hirnschmalz, große private Mittel und ein Händchen dafür, Dinge in unglaublich kurzer Zeit auszuarbeiten, wenn er einmal damit angefangen hatte. Zwei Eigenschaften sprachen allerdings gegen ihn in der wissenschaftlichen Welt. Er war ziemlich unorthodox in seinen Ansichten, und er war erstaunlich geheimnisvoll mit seiner Forschung, bis er alles, woran er arbeitete, schließlich beendet hatte.
Er konnte sich private Assistenten leisten, benutzte sie aber quasi nur als verlängerte Arme. Sie erfuhren nichts über das eigentliche Ziel der Forschungen, bei denen sie ihm halfen, es sei denn, sie verstanden es, sich auf eigene Faust ein Bild zu machen. Stevenson war ein Eigenbrötler und behielt das meiste für sich.
Die letzte Sache, an der er vor meiner Abreise nach Afrika gearbeitet hatte, war eine mögliche Parallelität in der Reaktion von lebenden und nicht lebenden Materialien gewesen. Und als sein Name fiel, erinnerte ich mich vage daran, dass Milton einer seiner mechanischen Schreiberlinge gewesen war, die in dessen Privatlabor beschäftigt waren.
"Sind Sie noch bei Stevenson?" erkundigte ich mich. "Was macht er denn gerade?"
Milton schien durch meine direkte Frage etwas verwirrt zu sein. Er kramte ein oder zwei Augenblicke in seiner Tasche, ohne zu antworten; und ich begann zu befürchten, dass ich zu neugierig geworden war. Schließlich kann man von einem bezahlten Assistenten nicht erwarten, dass er etwas über die private Arbeit seines Chefs preisgibt. Doch schließlich fischte er ein Notizbuch hervor und zog einen Zeitungsausschnitt heraus, den er mir hinblätterte. Soweit ich mich erinnern kann, lautete er etwa so:
BERÜHMTER WISSENSCHAFTLER VERSCHWINDET
Professor Loraine Stevenson, der berühmte Physiker, ist vermutlich ertrunken. Er machte Urlaub auf seinem Inselsitz auf den Hebriden und fuhr am Dienstagmorgen mit einem Assistenten in einem Motorboot hinaus. Im Laufe des Nachmittags kam ein Sturm auf. Es wird befürchtet, dass das Boot gekentert ist, da seither keine Spur von ihm oder den Insassen gefunden worden ist. Ein Angehöriger des Professors gibt an, dass eine Anzahl von Schuldscheinen, die der Professor in seiner Funktion als reicher Gläubiger seinem Besitz gehabt haben soll, nicht mehr auffindbar ist.
Ich reichte ihm den Ausschnitt zurück. "Wer war dieser Assistent, der da erwähnt wird? Es muss doch bekannt sein, wer mit im Boot saß."
Milton sah mich an. Ich schien in seinem Blick etwas aufflackern zu sehen - etwas, das ich nicht benennen konnte, etwas Beunruhigendes wie das Funkeln des Wahnsinns im Auge eines Verrückten.
"Naja", antwortete er zögernd, "Tatsache ist - ich meine..., Also sehen Sie... ich war der Assistent."
"Das Boot ist also gar nicht gesunken? Was wurde dann aus Stevenson? Und wie kann es sein, dass Ihr Name in dieser Geschichte gar nicht auftaucht?"
Und so kam die ganze Geschichte heraus. Ich sage nicht, dass ich sie glaube. Ich sage aber auch nicht, dass ich sie nicht glaube. In der Wissenschaft haben sich schon seltsamere Dinge als wahr herausgestellt. Ich habe es so aufgeschrieben, wie er es mir erzählt hat - in seinen eigenen Worten, soweit ich mich an sie erinnere.
Also ich erwarte nicht, dass Sie das alles glauben (begann er), es ist ein bisschen aus dem Rahmen gefallen.
So sehr, dass ich es vorziehe, offiziell die Zeitungsgeschichte so zu bestätigen, wie sie ist, anstatt ihr zu widersprechen. Den Grund dafür werden Sie später noch sehen.
Es ist folgendermaßen passiert. Letzten Sommer bot mir Stevenson an, mich mit in den Norden zu nehmen. Wussten Sie, dass er da oben ein Haus hatte? Er hatte ein großes Stück Arbeit vor sich, das er fertigstellen wollte, und er brauchte Hilfe dabei. Ich konnte zwischendurch auch angeln gehen, aber es war wirklich ne Menge Schufterei, die er mit mir vorhatte. Es sollte einen saftigen Bonus geben, zusätzlich zu meinem normalen Gehalt, solange ich meinen Mund hielt. Ich durfte nicht einmal erzählen, dass ich mit ihm wegfahren würde.
Natürlich ging ich auf den Vorschlag mit dem Bonus ein. Am Ende der Woche waren wir da oben. Ein gottverlassenes Etablissement: ein verfallenes altes Haus auf einer zugigen Landzunge. Eine alte Haushälterin, stocktaub. Kochte aber göttlich, muss ich sagen. Sie erfuhr nie, wer ich war. Ich bekam keine Briefe und machte mir auch nicht die Mühe, ihr meinen Namen ins Ohr zu brüllen.
Etwa einen Monat lang ließ mich Stevenson hart arbeiten, um Druckunterschiede in der Luft zu messen. Es schien mir die reinste Zeitverschwendung zu sein. Als ich ihm meine Ergebnisse zeigte, schien er aber zufrieden zu sein. Ich nahm an, dass er nach der idealen Atmosphäre für drahtlose Kommunikation suchte, aber ich wurde bald eines Besseren belehrt, obwohl ich selbst jetzt im Dunkeln tappe, was seine genauen Absichten waren. Sie wissen ja, wie streng und introvertiert er bei jeder seiner Arbeiten war.
Er hatte eine kleine Barkasse – das Motorboot, das in dem Zeitungsausschnitt erwähnt wird - und jeden Morgen fuhr er allein damit los. Die Eingeborenen dort dachten, er ginge fischen, glaube ich. Eines Tages schien er mit meinen Ergebnissen unzufrieden zu sein. Die Atmosphäre der Umgebung war seiner Meinung nach schlecht, und er wollte an einen Ort, an dem er weniger gestört würde als im Haus. Für mich waren das alles böhmische Dörfer, und er ermutigte mich auch nicht gerade, nach Details zu fragen.
Am nächsten Morgen brachte er mich dazu, das Messgerät in die Benzinbarkasse zu packen, und wir fuhren los, ein Stück die Küste hinunter, im Zickzackkurs zwischen einigen kleinen Inseln. Ich hatte noch nie Talent für Topographie, und bald wusste ich nicht mehr, wo wir waren. Schließlich wendete er das Schiff um einen Landvorsprung und brachte es dicht an die Küste heran. Direkt vor uns lag ein ziemlich großes Felsloch in den Klippen. Die Barkasse fuhr hinein, in eine Meereshöhle, und Stevenson schaltete einen kleinen Scheinwerfer ein, der am Bug befestigt war.
Kennen Sie das unheimliche Gefühl, das einem diese Meereshöhlen einflößen? Die Wellen kommen sanft herein, mit einem Schaumrand an den Felsen; dann hebt man sich, wenn die Kämme vorbeiziehen, und es fühlt sich an, als würde man gleich an der Decke zerquetscht werden. Die Welle lässt dich wieder fallen; du hörst, wie sie in die Dunkelheit weiterwirbelt, und schließlich bricht sie mit einem ekelerregenden Getöse in sich zusammen.
Ich habe Meereshöhlen nie gemocht. Sie erweckten bei mir immer den Eindruck, dass am hintersten Ende eine riesige Bestie darauf wartet, um sich auf mich zu stürzen. Und wirklich wartete am Ende dieser Höhle eine Bestie auf mich, eine neue Art von Bestie, schlimmer als alles, was einem in seinem Albträumen begegnet.
Aber ich greife vor. Die Barkasse kam längsseits eines Felsvorsprungs, und wir hoben die Kisten mit dem Equipment heraus. Stevenson lud sich einen Teil des Materials auf, ich trug den Rest, und wir liefen in Richtung Höhlenende. Je näher wir dem Getöse der Felsbrandung am Ende des Tunnels kamen, desto dunkler wurde es. Allmählich wurde ich unruhig. Seltsam ... Was für ein merkwürdiger Ort für einen einfachen Physiker, um seinem Job nachzugehen!
Einmal rutschte ich auf einem Stück nassem Seegras aus, was mir bewies, dass der größte Teil der Höhle bei Flut unter Wasser stehen musste. Auch jetzt schwankte der Wasserspiegel beträchtlich, wenn eine Welle in die Höhle hineingeschwappt kam.
Alles hier drin wirkte äußert beklemmend. Irgendwann trat ich auf eine Krabbe und fiel dabei fast in die Strömung. Danach kramte Stevenson eine elektrische Taschenlampe hervor. Er war wohl schon so oft an diesem Ort gewesen, dass er vergessen hatte, dass ein Fremder stolpern könnte. Das laute Gurgeln des Wassers und das hallende Krachen der Brandung am Ende des Tunnels zerrten an meinen Nerven. Ich hatte die Schnauze voll von der ganzen Sache.
Schließlich kamen wir zu einer Art trichterförmigen Öffnung, die nach oben in die Dunkelheit führte. Dort gab es eine Strickleiter und eine Winde, um Sachen auf eine höhere Ebene zu hieven. Diese Leiter brachte uns in eine Höhle von beträchtlichem Ausmaß, aus der eine Reihe von Tunneln abzweigte. Im Licht der Taschenlampe konnte ich nicht viel erkennen, und Stevenson schien auch nicht erpicht darauf zu sein, mir viel von der Umgebung zu zeigen. Er führte mich einen Tunnel hinunter, und ich fand mich in einem recht gemütlichen kleinen Raum wieder. Erstaunlich, oder? Es war ziemlich trocken; der Physiker hatte sogar eine Art elektrische Heizung eingebaut.
Wir schleppten die Kisten hinein, und ich verbrachte den Rest des Tages damit, den Apparat zusammenzubauen und zu testen. Stevenson selbst verschwand in einem der anderen Tunnel. Später kam er mit etwas zu Essen herein. Er hatte für genügend Proviant gesorgt, denn es schien, dass wir aus dieser Seehöhle nicht wieder herauskommen würden, bevor die Flut zurückging.
Er verließ mich wieder. Einmal hörte ich, wie er auf etwas einhämmerte, und ein anderes Mal vernahm ich das Geräusch einer ziemlich großen Maschine. Geräusche werden in solchen Höhlen beträchtlich verstärkt. Ich konnte nicht sagen, was für eine Maschine das war. Sie surrte wie ein Dynamo.
Alles in allem schien es mir ein merkwürdiger Ort zum Arbeiten zu sein, aber er war extrem massiv und eine erstaunlich sichere Bank, was Erschütterungen anging. Es gab hier kaum welche. Die Wellen haben die Messinstrumente nicht beeinflusst, also mussten wir uns in ziemlich festem Gestein befinden. Ich habe nie herausgefunden, wie es ihm gelungen war, diesen Ort auszustatten – aber er muss es irgendwie allein geschafft haben.
Am späten Nachmittag kam er vorbei und sagte mir, die Flut sei so weit zurückgegangen, dass wir die Höhle verlassen konnten. Wir fuhren mit der Barkasse nach Hause.
So ging es eins, zwei Wochen lang weiter, obwohl die Arbeitszeit natürlich mit den Gezeiten variierte. Wir fuhren mit der Barkasse los, ich machte meine Messungen, während er in einem der Tunnel verschwand. Das Wetter war wunderbar, und ich habe die Bootsfahrten sehr genossen.
Dann, eines Abends, als wir nach dem Essen rauchend vor dem Feuer saßen - es war kühl und ausnahmsweise eine regnerische Nacht - wurde er recht gesprächig. Überraschend, was? Das hat mich verblüfft, wissen Sie. Sehr untypisch für ihn. Manchmal frage ich mich, ihn nicht eine eine Art übersinnliches Vorgefühl antrieb – "Fey", „Todesahnung“ nennen es die Schotten.
Wie auch immer, ich bin nun der glückliche Besitzes der letzten Offenbarungen eines wissenschaftlichen Genies. Er hat fast so viel mit sich selbst geredet wie mit mir, also fühlte ich mich nicht geneigt, etwas Nennenswertes zum Gespräch beizutragen. Erinnern Sie sich an seine seltsame, pedantische Art zu sprechen? Jedes Wort, jede Paraphrase korrekt, komplett und ohne Auslassungen? Ich kann ihn nicht genau wiedergeben, aber so ungefähr sagte er folgendes:
"Ich nehme an, dies alles hier es hat Sie verwirrt, wie es auch meine anderen Assistenten verwirrt hat... Das meiste meiner Arbeit mag unzusammenhängend erscheinen, aber wenn Sie einen Anhaltspunkt hätten, wären Sie in der Lage, die Hauptlinien selbst nachzuziehen. Das alles hat mich fünfzehn Jahre gekostet, aber ich glaube, das Ende ist in Sicht. Ja, wahrscheinlich bin ich dem Ende sehr nahe.“
Damit lag er richtig - er war ihm viel näher, als er dachte....
„Ich sah keinen Grund, mein Ziel zu definieren, bevor ich in Reichweite der Lösung gekommen war", fuhr er fort. „Ich hatte keine Lust, als Quacksalber bezeichnet zu werden, und so hätten sie mich auch bezeichnet. Der Kern des Problems, das ich mir vorgenommen hatte zu lösen, war nämlich, eine intelligente Maschine zu konstruieren.“
Das war es also, worauf er aus war! Was hätten Sie gedacht, wenn er Ihnen so etwas erzählt hätte? Total verkorkst, was? Schlimmer als der alte Frankenstein. Ich habe nur auf meine Pfeife gebissen und nix gesagt. Er gab mir ein oder zwei Momente, um es zu verdauen. Dann nahm er den Faden wieder auf.
„Ein lebender Organismus unterscheidet sich von einer normalen Maschine dadurch, dass er, wenn man ihn stimuliert, entweder kämpft oder vor dem Reiz davonläuft, während eine Maschine einfach passiv ist. Deshalb musste ich mich für eine von zwei Möglichkeiten entscheiden, um meine Maschine zu konstruieren: ihr entweder die Fähigkeit zur Fortbewegung und Flucht geben oder sie mit einer Fähigkeit zur Selbstverteidigung gegen ihre Umwelt ausstatten.
Die zweite ist die einfachere Lösung, denn die Maschine kann in einer Umgebung platziert werden, in der sie allem überlegen ist, was gegen sie in Stellung gebracht wird. Meine These: Wenn man einem Organismus - sei es eine Maschine oder etwas anderes - die Fähigkeit gibt, Reize wahrzunehmen und mit ihnen umzugehen, kann man in ihm so etwas wie Intelligenz erzeugen. Ein solcher Organismus würde ganz sicher, glaube ich, den grundlegendsten aller Instinkte entwickeln: den Selbsterhaltungstrieb. Und damit ist der erste Schritt getan hin zu einem Denkmechanismus.“
Seine Zigarre war ausgegangen, und er zündete sie wieder an, bevor er fortfuhr.
„Darauf habe ich die letzten fünfzehn Jahren hingearbeitet, und die Maschine ist nun endlich fertig. Vielleicht ist sie ein totaler Fehlschlag. Man kann nie sicher sein. Aber ich habe mir viel Mühe mit den Details gegeben. Sie sind der erste Mensch, dem ich etwas davon erzähle. Ich hatte eigentlich nicht vor, es Ihnen zu sagen, aber ich nehme an, dass tief in meinem Innern doch irgendwo die Sehnsucht nach einem Publikum schlummert.“
Er hielt abrupt inne und sah aus, als bedaure er, so viel gesagt zu haben. Ich hatte keine Lust, Fragen zu stellen. Die Mitteilsamkeit schien ihn plötzlich verlassen zu haben, und er war nicht der Typ, den man ins Kreuzverhör nehmen konnte. Wir spielten für den Rest des Abends Schach.
Am nächsten Morgen hatte sich das Wetter geändert. Die See war ziemlich rau; zeitweise kamen Sturmböen auf, und die Barkasse gierte stark, als er sie um die Landzunge herum lenkte. Wir gelangten aber problemlos in die Höhle und kletterten in die Laborebene hinauf. Stevenson schien seine nächtlichen Vertraulichkeiten zu bereuen; ich dachte, er würde einen Rückzieher machen. Aber die Katze war aus dem Sack; offenbar hatte er sich trotz allem entschlossen, mir seine Maschine zu zeigen.
Von der Zentralhöhle aus gingen wir einen Tunnel entlang, bogen in einen anderen ein und wechselten dann in einen Seitengang. Der Ort war ein regelrechtes Labyrinth, dachte ich, als ich dem Licht seiner Taschenlampe folgte, während er mich weiterführte. Schließlich kamen wir in eine große Höhle, die von elektrischen Lampen beleuchtet wurde. (Er bezog seinen Strom aus einem kleinen Gezeitenkraftwerk, erzählte er mir einmal). Es war eine Art unregelmäßige Halle, etwa 15 mal 25 Meter groß, mit einer ziemlich hohen Deckenwölbung. Der Boden war geebnet, und die Wände waren glatt.
Die Maschine selbst stand in der Mitte des Raumes. Als er am Abend zuvor mit mir sprach, hatte ich keinen Schimmer, dass es eine so gewaltige Apparatur sein würde. Sie bedeckte etwa 100 Quadratmeter des Bodens. Ich weiß nicht, ob Sie ein Gefühl für die "Persönlichkeit" von Maschinen haben – nehmen Sie zum Beispiel die Unterschiede zwischen einem schnellen Auto und einem Profi-Rennwagen... Es ist eine Frage der Linienführung, des Schnitts, wissen Sie, nicht bloß der reinen Größe oder der Schnelligkeit. Dieser Apparat von Stevenson war wie keine Maschine, die ich je zuvor gesehen hatte. Doch ihr rein physisches Erscheinungsbild war nicht das, was mich in ihren Bann zog.
Sie hatte irgendwie - eine Persönlichkeit... Ich kann Ihnen nicht genau erklären, was ich meine. Sie sah böse aus, so wie ein Stier im Vergleich zu einer Kuh böse aussieht.
Und natürlich war sie anders als jede Maschine, die man je gesehen hat. Zuallererst fielen mir ein paar Dinger an ihr auf, die aussahen wie riesige Holzkameras mit dunklen Linsen. Dahinter befand sich eine Masse komplizierter Maschinerie mit Spulen, die hier und da aus dem Boden ragten und mit isolierten Drähten umwickelt waren. Auf dem Boden, unter den Kameras, lagen seltsam zusammengerollte, tentakelartige Kabel aus einer Art segmentiertem Metall. Ein Ende jedes Kabels führte direkt unter den Kameras entlang ins Eingeweide der Maschine.
Über den Kameras lag etwas, das wie ein paar lose Stränge aus feinem Draht aussah, fast wie Fäden. Die ganze Vorrichtung wirkte wie ein gigantischer Tintenfisch, der aus allen möglichem Elektroschrott zusammengebaut war, und die Kameralinsen dienten dem Ding als ein Paar große, düstere Augen. Ein grausiges Ungetüm.
Stevenson unterbrach meine Inspektion, bevor ich Gelegenheit hatte, allzu viele Details zu erkennen.
„Ich habe jetzt keine Zeit, die Konstruktion zu erklären", sagte er, "aber Sie können sich ja in groben Zügen selbst ein Bild machen. Die Maschinerie braucht natürlich eine Antriebskraft, und die gewinne ich, indem ich das Ansteigen und Abfallen der Flut in den Tiefen der Höhle nutze. Die Bewegung treibt einen Dynamo an, so dass die Maschine völlig unabhängig von herkömmlicher Treibstoffzufuhr ist.
Was nun das Erkennen von Fremdkörpern angeht, so war von Anfang an klar, dass die Maschine so etwas wie ein Sehvermögen braucht. Sie bemerken, dass die Wände und Böden dieses Ortes in einem einheitlichen Farbton gestrichen wurden. Die beiden kamera-förmigen Vorrichtungen oberhalb des Hauptkörpers der Maschine dienen als Augen. Es sind tatsächlich Kameras, aber statt der üblichen einzigen Linse bestehen sie aus Oberflächen, die aus Hunderten von winzigen photoelektrischen Zellen zusammengesetzt sind.
Normalerweise werden diese Zellen gleichmäßig beleuchtet, da die Wandfarbe einheitlich ist. Nähert sich aber ein fremdes Objekt der Maschine, dann werden dort, wo sein Bild auf die optischen Rezeptoren fällt, diese Zellen heller oder dunkler als zuvor. Dieser Unterschied der einfallenden Strahlen erzeugt einen Stromimpuls, der es ermöglicht, den Abwehr-Mechanismus der Maschine in Bewegung zu setzen.
Es ist ganz einfach. Natürlich braucht man zwei Kameras, so wie man bei einem Tier zwei Augen braucht, um eine räumliche Perspektive zu gewährleisten.
Außerdem habe ich diese feinen Draht-Fühler hinzugefügt, die Sie auf den Kameras liegen sehen. Ihr Funktion werden Sie gleich erkennen.
Die Verteidigungsmittel sind diese Stahlspulen auf dem Boden. Sobald die "Augen" oder die „Fühler“ einen Fremdkörper im Raum orten, kann die Maschine eines oder mehrere dieser Metall-Kabel abwickeln und an die richtige Stelle schleudern. Das war nur eine Frage der Koordinierung der Gelenke.“
Er verließ den Raum und überließ es nun mir, sein Spielzeug zu inspizieren. Je mehr ich davon sah, desto weniger gefiel es mir. Es war die hässlichste Maschine, die ich je gesehen habe. Aber ich hatte immer noch keine Muße, sie genauer zu untersuchen. Stevenson kam fast sofort zurück und schleppte doch tatsächlich einen kleinen Affen an!
„Diese Kreatur wird für ein erstes Experiment dienen“, sagte er und warf ihn auf den Boden. „Er hat ein gewisses Maß an Intelligenz und ist ziemlich agil. Ein perfektes Testobjekt für die Kapazitäten der Maschine, denke ich. Wir können uns in dieser Nische nahe am Eingang aufstellen und sind außerhalb der Reichweite der Kameras. Der Kontrollschalter ist hier, gleich neben der Nische.“
Mit dem Klicken des Schalters erwachte die unförmige Masse an Maschinerie auf dem Boden zum Leben. Es gibt kein anderes Wort dafür. Ich hörte ein plötzliches Rascheln der Kabel, so als würde das gesamte Ding – sich erheben ... Die Kameras schwenkten mit einem Ruck herum und blieben stehen. Dann: Stille.
Der Affe krabbelte zwischen uns und der Maschine auf dem Boden herum. Bei der plötzlichen Bewegung der Vorrichtung hinter ihm erstarrte er, kauerte sich zusammen und blickte über seine Schulter. Die beiden Kreaturen sahen sich an. Dann flogen blitzartig die feinen Tentakel über den Kameras auf, teilten sich und hingen zappelnd wie Medusas Haare über dem „Kopf“ der Maschine.
Daraufhin begann der Affe zu flüchten. Noch bevor er einen Meter weit gekommen war, schoss ein langes Kabel unter den Kameras hervor, wickelte sich um den Körper des kleinen Tieres, umkrallte es brutal, schnellte so schnell zurück, wie es gekommen war, und ließ das arme Vieh tot auf dem Boden liegen. Der Tod aus dem Nichts, so rasch wie ein Blitz...
„Sehr gut, für einen ersten Versuch“, sagte Stevenson. "Ich schalte mal ab und...“
Als er die Hand nach dem Schalter ausstreckte, schwenkten die Kameras mit einem rasselnden Ruck herum; ein halbes Dutzend Kabel schoss hervor, ergriff seinen Arm und zerrte ihn aus der Nische. Es gelang ihm beinahe, sich an mir festzuklammen, als er davonschnellte. Erinnern Sie sich an die Schlange und den Esel in der „Schweizer Familie Robinson"? Sie tötete ihn genau so. Quetschte das Leben in Sekunden aus ihm heraus. Er starb sehr schnell. Wirklich, sehr schnell.
Ich wollte zum Schalter springen, aber gerade als ich mich dazu entschlossen hatte, wickelten sich zwei weitere Kabel von dem Ding ab und rissen den Hebel aus der Wand. Stevenson hatte vergessen, ihn in dem neutralen Farbton zu streichen wie die Wände. Natürlich bemerke seine Maschine das sofort und reagierte entsprechend.
Nun, man kann nicht an alles denken.
Tja, da stand ich nun, und befand mich in einem ziemlichen Schlamassel. Der Schalter war weg. Ich hatte keine Möglichkeit, die Höllenmaschine zu stoppen. Und der einzige Mann, der sich mit dem Gerät auskannte, lag mehr oder weniger zerstückelt vor mir.
Zuerst fühlte ich mich ich krank, todkrank. Als es mir etwas besser ging, setzte ich mich in die Nische und dachte kurz nach. Ich konnte die Maschine nicht sehen, und sie mich auch nicht, außer wenn ich mich aus der Nische lehnte. Aber ich hatte natürlich keine Ahnung, wozu das Monstrum in der Lage war.
Ich wusste nicht, ob die Drähte lang genug waren, um bis in meine Nische zu vorzudringen. Falls sie dorthin gelangten, würden sehr bald ein oder zwei Kabel in meine Richtung zischen, da war ich mir sicher. Todsicher.
Es dauerte nicht lange, bis ich erkannte, dass die Hauptwaffe der Maschine ihr „Augenlicht“ war. Wie kann man bei einer Maschine nur an „Augenlicht“ denken! Aber da hatte ich schon aufgehört, mir einzureden, dass sie nur ein Mechanismus war. Sie benahm sich lebendig genug für mich. „Blende sie!“ Das war die große Herausforderung. Sie blenden und dann das Risiko eingehen, dem Rest der Apparatur zu trotzen. Aber es schien einfach unmöglich, an die Kameralinsen heranzukommen und sie zu zerschlagen; sie sahen ziemlich solide aus.
Dann hatte ich es! Wenn ich mit etwas auf die elektrischen Lampen zielen und sie zerbrechen könnte, wäre der Trick bewerkstelligt. Sobald der Ort im Dunkeln lag, wären die Kameras außer Betrieb.
Das Problem war natürlich, dass das Ding mich schnappen würde, wenn ich mich zu weit aus der Nische herauslehnte. Eine Zeit lang kam ich aus diesem Dilemma nicht heraus. Dann dachte ich daran, die Aufmerksamkeit des Viehs abzulenken, indem ich etwa meinen Mantel hinauswarf, kurz bevor ich mich selbst hinauslehnen musste. Das schien der einzig realistische Plan zu sein. Ich begann, mir Mittel und Wege auszudenken, wie ich ihn in die Tat umsetzen konnte. Es gab vier Lampen; zwei in meiner Nähe und zwei, die weit entfernt waren. Ich ging meine Taschen durch und stellte fest, dass ich sechs Pennys, einen Gulden, eine halbe Krone und zwei Schillinge hatte. Ich hatte ein Benzinfeuerzeug, ein Taschenmesser, zwei Schlüssel von passabler Größe und eine Armbanduhr. Eine merkwürdige Ansammlung von Gegenständen, die zwischen Leben und Tod standen!
Ich beschloss, mit der Arbeit bei den nächstgelegenen Lampen zu beginnen, um mich einzuschießen. Eine von ihnen konnte ich bequem erreichen, ohne aus der Nische zu kommen, und ich zerschlug sie beim zweiten Versuch mit einem der Schillinge. Ich wollte mich erst ausziehen, wenn es unbedingt nötig war. Ich wollte meine Klamotten als Wurf-Reserve behalten, wenn ich zum Schluss zum Ausgang rennen musste. Also versuchte ich es mit der anderen näheren Lampe; und ich vergeudete vier Pfennige und einen Gulden, bevor ich sie mit dem zweiten Schilling erwischte. Ich hatte zuvor nie wahre Freude am Kaputtmachen von Gegenständen empfunden - bis diese Lampe ausging.
Mein Teil der Höhle war nun ziemlich düster; und die Maschine schien durch diese Veränderung beunruhigt zu sein. Sie begann, ihre Stahlkabel auszusenden und die Leichen auf dem Boden herumzuwälzen. Schließlich zog sie sie ganz zu sich heran, musterte sie genau und umarmte sie dann ein wenig.
Ich richtete nun meine Aufmerksamkeit auf die anderen beiden Lampen. Eine lag direkt gegenüber der Nische, war aber ziemlich weit weg. Ein Penny und die halbe Krone gingen daneben. Dann eröffnete ich das Feuer mit dem Rest meiner Sammlung. Ich war ziemlich aufgeregt bei der Sache, und als ich endlich einen Treffer gelandet hatte, stellte ich fest, dass nun meine ganze Munition verplempert war. Ja, da stand ich nun, mit nichts in der Hand und einer Lampe übrig. Außerdem wurde die Maschine jetzt wirklich gereizt. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie mich erwischte, das heißt, wenn ihre Antennen lang genug waren, um in meine Nische zu langen.
Dann fiel mir auf einmal ein, das ich ja meine besten Wurfgeschosse noch gar nicht benutzt hatte: meine Schuhe! Seltsam, wie häufig man das Offensichtliche übersieht, nicht wahr? Ich zog sie aus.
Zu diesem Zeitpunkt ging es um alles oder nichts. Also schlüpfte ich auch aus meinem Mantel, balancierte einen Schuh in der Hand und rannte hinaus zur letzten Lampe. Hätte ich länger gezögert, um über die Aktion nachzudenken – ich hätte nie den Mut aufgebracht. Die Kameras kreisten herum - krack! - für einen Moment blickte ich in die dunklen Linsen des Monsters und fühlte mich fast wie hypnotisiert.
Ich hatte gerade noch genug Verstand, um zur Seite zu springen. In derselben Sekunde donnerte eine der Kabelschlangen auf mich zu. Ich schleuderte den Schuh direkt auf die Lampe - ich war nur etwa drei Meter von ihr entfernt - und das Licht ging aus! Ich wechselte erneut spontan die Position, mehr aus Instinkt als aus Berechnung, und ein Kabel schwang zischend an mir vorbei. Die Dunkelheit schien das Ding in Panik versetzt zu haben, denn es machte keinen systematischen Versuch, den Raum zu durchsuchen. Wenn es das getan hätte, wäre ich dran gewesen. Denn ich hatte ich nur eine vage Vorstellung davon, wo der Eingang lag.
Ich bewegte mich in die Richtung, die ich für richtig hielt, und bemerkte plötzlich einen kühlen Luftzug. Etwas riss mir den Mantel aus der Hand - ich stellte fest, dass ich vergessen hatte, ihn wegzuwerfen - und drei haarähnliche Dinger legten sich mir über Hals und Wange. Aber da war ich schon am Eingang - und frei!
Hinter mir hörte ich, wie das Monster wütend um sich schlug, dann war es plötzlich still. Vielleicht wusste es auf irgendeine Weise, dass ich außer Reichweite war. Ich rannte den stockdunklen Korridor entlang, stolperte in einen anderen und dann in einen dritten. Dann brach ich zusammen.
Als ich wieder zu mir kam, erkannte ich das Dilemma, in dem ich steckte. Ich hatte mich in den Gängen verirrt, ich hatte keine Streichhölzer, und wenn ich im Dunkeln zufällig wieder in die Höhle mit der Maschine stolperte ....
Es dauerte Stunden, bis ich den Weg durch das Labyrinth zum Hauptschacht gefunden hatte. Es herrschte Flut, und ich musste auf die Ebbe warten, bevor ich mit der Barkasse hinausfahren konnte. Ich startete den Motor und hätte das verdammte Boot auf dem Weg aus der Meereshöhle fast zu Schrott gefahren. Die ganze Zeit über hatte ich das beklemmende Gefühl, dass die Maschine hinter mir her war. Ziemlich idiotisch, aber meine Nerven lagen blank.
Es war dunkel - Nacht - als ich aus dem Felseneingang tuckerte. Wie in dem Zeitungsartikel, den ich Ihnen zeigte, richtig gesagt wurde, gab es zu dieser Zeit einen Gewittersturm. Das war mir ziemlich egal. Alles, was ich wollte, war, aus dieser Höhle herauszukommen. Ich fuhr die ganze Nacht mit der Barkasse, und einmal rammte ich fast ein Fischerboot. Dann entging ich nur knapp einigen Felsen, an denen ich fast gekentert wäre. Schließlich, gegen Morgengrauen, brach eine riesige Welle über mich herein, und das Motorboot sank nun wirklich.
Ich schaffte es gerade noch, an Land zu schwimmen, dann klappte ich zusammen. Einige Leute sammelte mich in dem Zustand auf, den die Romanautoren so gern als „Hirnfieber“ bezeichnen, und sie pflegten mich bei sich, bis es mir besser ging.
Als ich wieder einigermaßen gesund war, wurde mir klar, dass man mich für verrückt halten würde, wenn ich die Wahrheit erzählte – außerdem war ich ja wirklich im Delirium gewesen. Also beschloss ich, die Angelegenheit eine Zeit lang zu verdrängen. Sie sind der erste Mensch, dem ich die ganze Geschichte erzähle. Vielleicht glauben Sie sie ja. Zumindest hat es gut getan, sie mal loszuwerden.
Das war die Story, die Milton mir erzählte. Als er geendet hatte, schaute ich erneut mechanisch auf den Zeitungsausschnitt. Etwas daran fiel mir auf.
"Was ist mit diesen Schuldscheinen, von denen hier die Rede ist?" fragte ich.
Milton starrte mich mit seinem fischigen Blick an.
"Oh, die hat mir Stevenson natürlich als Bonus überlassen."
Auf dem Gang schlenderten Leute vorbei, und mir fiel ein, dass ich einen Platz im Speisewagen reserviert hatte. Ich stand auf und erwartete, dass Milton mir folgen würde, aber er rührte sich nicht.
"Ich bin kein Freund von Eisenbahnmahlzeiten", bekannte er.
Ich ließ ihn sitzen, aber als ich nach dem Essen zurückkam, war er weg. Der Zug hatte in Rugby gehalten, und er musste wohl dort ausgestiegen sein.
Ich befinde mich in einer peinlichen Lage. Ein Durchschnittstyp von der Straße würde vermutlich sagen, dass Milton seinen Chef wegen seiner wertvollen Schuldscheine ermordet hat. Und dass ich damit zur Polizei gehen sollte.
Aber natürlich könnte die ganze Sache auch einfach eine Fiebervision Miltons gewesen sein.
Immerhin - so eine Maschine könnte man durchaus bauen, so unwahrscheinlich das auch klingt. Die Wissenschaft ist voll von den seltsamsten Dingen. Man sollte für alles offen sein. Aber sollte jemand diese Seehöhle entdecken: also ich würde an seiner Stelle einen großen Bogen darum machen.
Denn wenn etwas an der Geschichte dran ist... Dann wartet die Maschine. Denn das Gezeitenkraftwerk läuft weiter.
J.J. Connington
The Thinking Machine
The Passing Show, 8. 12. 1938
Übersetzung: Matthias Käther © 2021